In diesen Tagen erleben wir einen tiefen Einschnitt: Das Corona-Virus stellt unsere Arbeitsorganisation und den Zusammenhalt der Menschen auf den Prüfstand. Die Rahmenbedingungen verändern sich in atemberaubendem Tempo. Was gestern noch undenkbar war, ist heute Realität. Ladenschließungen, Grenzschließungen, Produktionsstillstand: Das öffentliche Leben fährt herunter. Das Corona-Virus entwickelt sich zu einer gewaltigen Herausforderung für unsere Gesellschaft und zu einem Stresstest für die gesamte Wirtschaft. Der Umgang damit ist für mich eine Frage von Haltung und Führung – und er ist eine Chance. Denn gerade diese komplexe und sich schnell verändernde Situation ist ein Beschleuniger für unsere laufende Transformation. Sie erfordert, dass wir uns viel intensiver mit den Menschen und der Digitalisierung und Flexibilisierung unserer Arbeit beschäftigen.
Die Devise lautet: People first
Bereits im Februar haben wir bei Fiducia & GAD angesichts der Entwicklungen in China einen Krisenstab eingerichtet. Er agiert funktionsübergreifend und eigenverantwortlich unter der Maßgabe „People first“. Allerdings dürfen auch die Unternehmensprozesse auf keinen Fall gefährdet werden: Wir betreiben eine systemkritische Infrastruktur für unsere Banken und tragen damit einen wesentlichen Teil dazu bei, dass auch die Menschen in unserer Gesellschaft ihre Finanztransaktionen sicher durchführen können – und Zugriff auf Geld haben.
Wir rücken emotional näher zusammen
Für uns im Vorstand und die Kolleg:innen im Krisenstab ist das ein Balance-Akt. Ziel ist es, unsere Mitarbeiter:innen zu schützen und die Übertragungskette des Virus zu unterbrechen. Gleichzeitig müssen wir die Produktivität und Leistung gegenüber unseren Kunden sicherstellen. Aus dieser doppelten Verantwortung heraus haben wir aktuell über 60% unserer Belegschaft gebeten, vom Homeoffice aus zu arbeiten. Der Geschäftsbetrieb läuft einigermaßen reibungslos weiter. Das liegt auch an der wirklich bewundernswerten Leistung unserer Mitarbeiter:innen. Ihr hohes Maß an eigenverantwortlichem Arbeiten setzt große Autonomie aber auch enge Abstimmung voraus. Da ist Leadership gefragt. Nähe ist dabei, nicht nur aus psychologischen Gründen, ein wichtiges Element. Kurze Abstimmungstermine (Dailys, Weeklys) werden zur Routine; Kanban kommt verstärkt zum Einsatz. Trotz physisch größerer Distanz rücken wir emotional näher zusammen.
Agil aufgestellte Unternehmen tun sich leichter
Zum Glück haben wir schon vor zwei Jahren die Reise der Transformation begonnen. Viele unserer Mitarbeiter:innen sind vertraut mit den Herausforderungen bei Unsicherheiten und arbeiten in flexibel aufgestellten Teams. Sie kennen dezentrales Arbeiten und sie nutzen seit geraumer Zeit die technischen Plattformen, die virtuelle Kollaboration ermöglichen. Fiducia & GAD verfügt über einen digitalen Tarifvertrag, der gerade im Januar in Kraft getreten ist. Ein Glücksfall, denn er enthält weitgehende Regelungen zum Homeoffice, die die Mitarbeiter:innen kennen und nutzen. Wir verstärken gerade massiv die kollaborativen Ressourcen für die gesamte genossenschaftliche Finanzgruppe. Die vielen zusätzlichen VPN-Zugänge und Software-Lizenzen für Online-Meeting- und Web-Conferencing-Tools werden nun auch zum Stresstest für die digitale Infrastruktur unseres Landes. Flächendeckende Glasfaser und Mobilfunknetze wären hier sicherlich vorteilhaft. Aber es scheint so, dass sich agile Unternehmensstrukturen leichter damit tun, mit diesen Herausforderungen umzugehen.
Wir werden gestärkt aus der Krise hervorgehen
Die Corona-Krise könnte zum Katalysator für eine viel agilere, modernere Form des Zusammenlebens und -arbeitens werden. Deutschland wird digitaler aus dieser Krise hervorgehen. Die Unternehmen gehen viel kreativer mit der Arbeitsorganisation um. Vor dem Hintergrund der aktuell erfolgten Schul- und Kitaschließungen haben wir schnell reagiert: Wir haben die flexiblen Arbeitszeiten noch einmal ausgeweitet und bieten zusätzlichen, bezahlten Sonderurlaub an. So erleichtern wir unseren Mitarbeiter:innen die Kinderbetreuung und Pflege/Versorgung von Familienangehörigen. Wir müssen durch Leadership gesellschaftliche Verantwortung übernehmen und den Menschen, unseren Mitarbeiter:innen, Sicherheit und Zuversicht geben.
Wir erleben auch in der Gesellschaft, dass digitale Technologie an vielen Stellen Lücken schließt, auch wenn das nicht reibungslos funktioniert. Wir sehen, wie sich der E-Learning-Trend verstärkt. Universitäten denken darüber nach, wie sie den Unterricht aufrechterhalten können, wenn niemand mehr in den Hörsälen sitzt. Plötzlich bieten sie für das kommende Semester virtuelle Vorlesungen und digitale Learning-Ressourcen an. Schulen beginnen, den Unterricht über das Internet zu organisieren. Es gibt viele Beispiele eines digitalen Wandels, der plötzlich vorangetrieben wird. Auch der bargeldlose Zahlungsverkehr gewinnt in Zeiten, in denen Geld ein potenzieller Keim-Träger ist, stark an Zuspruch.
Die Corona-Krise wird uns noch einiges abverlangen. Über eines bin ich mir aber sicher: Wenn wir aus dieser Krise herauskommen, werden wir digitaler sein als vorher und feststellen, dass jeder von uns ein Teil des Ganzen ist und einen Beitrag dazu leisten kann. Es gibt nur eine Option: Zusammenhalt und Gemeinschaft. Bleiben Sie gesund.
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